Geschichte des Johanneums

Das Johanneum blickt auf eine 600-jährige Geschichte zurück und ist damit eine der ältesten Schulen Norddeutschlands.

Zur Schulgeschichte gehören natürlich auch bekannte Persönlichkeiten, die wir Ihnen gerne vorstellen:

Unsere Chronik:

Spätestens seit dem 14. Jahrhundert gab es am Fuße von Schloß und Kalkberg eine in Regie des Michaelisklosters betriebene öffentliche Schule, welcher zuletzt Herzog Otto im Jahre 1353 ausdrücklich zusicherte, keine andere Schule in Lüneburg dulden zu wollen. Das Michaeliskloster gehörte zur Diözese Verden. Dem Verdener Domkapitel unterstellte im Jahre 1398 Papst Bonifazius IX. auch die St. Johannis-Kirche und erwog darüber hinaus drei Jahre später, den Verdener Bischofssitz nach Lüneburg zu verlegen. Die reichen und selbstbewußten Ratsherren und die Bürgerschaft, ebenso der derzeitige Landesherr waren dagegen. In jahrelangem Streit, in welchen sogar der Papst mehrfach eingriff, ertrotzte der Rat in einem Vertrag vom 15. September 1406 schließlich das Recht, den Pfarrer von St.Johannis selbst ernennen zu dürfen. Um die nunmehrige „Stadtkirche“ in Konkurrenz vor allem zur Klosterkirche St.Michaelis attraktiv zu gestalten, wurde gleichzeitig die Gründung einer städtischen Johannisschule, später Johanneum geheißen, beschlossen, waren doch üblicherweise Schüler für die Gottesdienstmusik zuständig. Damit gilt 1406 als das „Gründungsjahr“ des Johanneums. Eine „weltliche“ Schule war das Johanneum in heutigem Sinne noch nicht. Die Schüler wurden weiterhin von Klosterbrüdern unterrichtet und zwar von Prämonstratensermönchen, welche vom Kloster Heiligenthal nach Lüneburg zwischen Ilmenau und Johanniskirche umgesiedelt waren. Ein eigener Rektor wurde erstmalig im Jahr 1532 ernannt und vom Rat der Stadt Lüneburg besoldet. (Nach: W. Reinecke, Geschichte der Stadt Lüneburg, 1977)

Das Schicksal der Schule war mit demjenigen der Stadt eng verknüpft. In der wirtschaftlichen Blütezeit bis etwa zum Beginn des 30-jährigen Krieges 1618 wurden bis zu 250 Schüler von vorzüglichen Lehrern unterrichtet. Danach sanken mit der Einwohnerzahl Lüneburgs auch die Zahl der Schüler auf ca. 50, um so mehr als das Michaeliskloster parallel zwei, zeitweise sogar drei höhere Schulen betrieb, welche vor allem zur Ausbildung adliger Söhne für Heer und Verwaltung bestimmt waren. Diese Konkurrenzschulen bestanden bis 1819 bzw.1850. Das Johanneum aber behauptete sich dank der zähen Entschlossenheit des Rates, die Selbständigkeit des Gemeinwesens zu verteidigen.

Dem Johanneum kam das allgemeine Wiedererstarken des Bürgertums im 19. Jahrhundert zugute. Während sich die Einwohnerzahl Lüneburgs in diesem Jahrhundert von ca. 10 000 auf ca. 20 000 verdoppelte, stieg die Schülerzahl von 70 auf 650 an! Diese positive Entwicklung wurde eingeleitet durch die Berufung des hervorragenden Wissenschaftlers und Pädagogen Dr. Karl Haage im Jahre 1823 zum Rektor des Johanneums. Dieser wirkte ganz im Geiste des preußischen Bildungs- und Schulreformers Wilhelm von Humboldt: Aufnahme der neueren Sprachen ebenso wie Mathematik und Naturwissenschaften in den Lehrplan, Einführung der staatlichen Reifeprüfung (1830), Aufgeschlossenheit gegenüber Philosophie, Dichtung und Musik. Er steigerte die Qualität der Schulbildung so, daß ein Oberschulrat aus Hannover 1829 erklärte, dass das Johanneum nicht bloß die beste Schule im Hannoverschen sei, sondern auch unter den dreißig Schulanstalten, die er als preußischer Schulrat kennengelernt habe. In dieser Zeit besuchte auch der später als Mathematiker hochberühmte Bernhard Riemann das Johanneum. Auf Karl Haage geht auch die Einrichtung von Realklassen (1834), später des Realgymnasiums als eines besonderen Zweigs des Humanistischen Gymnasiums zurück, an welchem erstmals 1870 auch Abitur gemacht werden konnte. (Nach: A. Kantelhard, Das Johanneum zu Lüneburg, in: Festschrift zur 550-Jahrfeier des Johanneums, 1956)

Die deutschen Einigungskriege 1864–1871 haben das Nationalgefühl der Deutschen, insbesondere der Jugend, offenbar so sehr gefördert und gestärkt, daß nun ein neuer Lehrertyp geschätzt und anerkannt wurde, welcher sich nicht ausschließlich auf die Wissensvermittlung konzentrierte, sondern eine mehr allgemein erzieherische Wirkung zu erzielen suchte. Ein erster Vertreter dieses „neuen Lehrers“ war am Realgymnasium Wilhelm Görges (1863–1907). Als Junggeselle widmete er sich 44 Jahre lang auch außerhalb der Unterrichtszeit seinen Schülern und hat z.B. das Fußballspielen und Rudern eingeführt. Direktor in dieser Zeit war Dr. Rudolf Haage, Sohn von Karl Haage (s. o.), auch er ein Mann von besonderer Vaterlands- und Jugendliebe. Die nachfolgenden Direktoren: Dr. A. Nebe (1902–1909), Dr.C.Hölk (1909–1917), Dr. R. Weynand (1917–1923) waren allesamt so tüchtig und bedeutend, daß sie von der preußischen Schulverwaltung sehr bald auf noch verantwortungsvollere Posten befördert wurden.

Den Einfluß der aufkommenden Wandervogelbewegung repräsentierten in dieser Zeit vor allem Prof. H. Winter und Oberlehrer A. van Senden. Dass die Schüler nicht allein für die Schule da sind, dem trägt ein Erlaß von 1912 Rechnung, welcher den Nachmittagsunterricht abschafft, die Dauer einer Schulstunde auf 45 Minuten verkürzt und die Zahl der sogenannten Klassenarbeiten einschränkt. Am Johanneum gilt diese Regelung bereits seit 1909, was die Fortschrittlichkeit dieser Schule beweist. Weitere Neuerungen für eine jugendgemäßere Erziehung im Sinne der preußischen Schulreform von 1924 waren etwa die Beseitigung der erhöhten Katheder in den Klassenzimmern, die Einrichtung eines monatlichen Wandertages und der mehrtägigen Klassenfahrten, das Ausrichten eines jährlichen Schulfestes mit sportlichen Wettkämpfen, Waldbühnentheaterspiel, Kaffeetafel und abendlichem Fackelzug von der Roten Schleuse zurück in die Stadt, die Gründung von mehreren Schülervereinen, welche die selbstverantwortliche Tätigkeit der Schüler auf unterschiedlichen Gebieten fördern sollte, wie überhaupt eine Art „Schülerselbstverwaltung“ für die Oberklassen praktiziert wurde.

Der neue Geist der Weimarer Demokratie stieß in der Lehrerschaft des Johanneums zunächst auf eine gewisse Reserviertheit. Die Preußische Schulreform von 1924 sollte hier neue Akzente setzen. Ihre Ziele und Inhalte waren die Betonung des Erziehungsauftrages vor der reinen Wissensvermittlung, die neue Bewertung der Fächer Musik und Kunst für die Persönlichkeitsentwicklung und die Einführung eines eher partnerschaftlichen Verhältnisses zwischen Lehrern und Schülern. Äußeres Zeichen dafür war die Entfernung der höher gestellten Katheder der Lehrer. Außerdem wurden eine Schülerselbstverwaltung und Schüler-Arbeitsgemeinschaften z. B. Rudern und Stenographie eingeführt. Das traditionelle Dozieren der Lehrer sollte durch mehr Arbeitsunterricht ersetzt und Verbindungen zwischen verwandten Fächern sollten hergestellt werden. Die Aufgabe, diese große Reform für das Johanneum zu organisieren, fiel in die Amtszeit des Direktors Dr. Friedrich Hackmann 1923–33, der schon 1906 als Oberlehrer am Johanneum, danach an der Latina der Franckeschen Stiftungen in Halle und nach dem 1. Weltkrieg als Direktor des Mackensen-Gymnasiums in Torgau (Elbe) tätig war. Fast alle Lehrer wurden damals auf Lehrgänge und Fortbildungen nach Hannover geschickt, um die Reform in ihrem Unterricht umzusetzen. Es gab 1927/28 eine große Zahl von philosophischen, sprachlichen, kunstgeschichtlichen und naturwissenschaftlichen Schüler-Arbeitsgemeinschaften mit durchschnittlich 10–15 Teilnehmern. Der erfolgreich beschrittene Weg der Schule wurde bestätigt durch die Anerkennung als „besonders bedeutungsvolle Anstalt“ (Verfügung des Preußischen Kultusministers vom 18.2.1929).

Der Nationalsozialismus beendete 1933 diese Zeit der begonnenen Reformen. Oberstudiendirektor Dr. Friedrich Hackmann, der sich an der Schule – u.a. in der Auseinandersetzung mit der Hitlerjugend – und im politischen Leben der Stadt den Gegnern der Weimarer Republik entschieden entgegengestellt hatte, wurde nach einem monatelangen Verfahren unter entwürdigenden Bedingungen seines Amtes enthoben. In Anwendung des „Gesetzes zur Herstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7.4.1933 – erlassen zur Entfernung von Gegnern des Nationalsozialismus und Juden aus der Beamtenschaft – wurde er mit Wirkung vom 1.10.1933 aus politischen Gründen als Schulleiter abgesetzt. Unter finanziellem Druck erklärte er sich mit der Versetzung als Studienrat an das Gymnasium in Goslar einverstanden und ließ sich schließlich 1937 nach krankheitsbedingten Fehlzeiten aus gesundheitlichen Gründen pensionieren.

Dieser Block wird zur Zeit überarbeitet.

Äußere Zeichen des im 19. Jahrhundert wiedergewonnenen Ansehens der Schule und des Wertes, welche die Bürgerschaft bis in die Gegenwart hinein ihrer Traditionsschule beimisst, sind die verschiedenen Neu- oder Erweiterungsbauten:

  • Vor 1829 bestanden mehrere Schulgebäude, deren Ort im Stadtbild leider nicht mehr erkennbar ist.
  • 1828/29 ertstand das erste heute noch bestehende Gebäude an der Nordseite der St.-Johannis-Kirche, heute Johannes-Rabeler-Schule für geistig behinderte Schüler
  • Dr. Karl Haage konnte die Stadtväter überzeugen, dass das Johanneum ein zweckmäßiges, repräsentatives Gebäude haben müsse: 1870–72 entstand am Roten Wall – der späteren Haagestraße – ein neues Gebäude. Dieses dient heute als Orientierungsstufe und Hauptschule Stadtmitte. Während der Bauzeit war sein Sohn Dr. Rudolf Haage Direktor des Johanneums.
  • das Gebäude wurde 1912–13 um einen Seitenflügel für Zeichensaal und naturwissenschaftliche Fachräume erweitert.
  • 1976-78 wurde ein komplett neues Gebäude „am Schierbrunnen“ in der Theodor-Heuss-Straße gebaut. Für dieses heutige schöne Gebäude hat sich der damalige Schulleiter Wolfgang Senne sehr eingesetzt

Alle Gebäude tragen den Wahlspruch:

DOCTRINAE VIRTUTI HUMANITATI

Das Johanneum diene der Lehre, der Tugend und der Menschlichkeit

Es lässt sich nicht leugnen: Tradition verpflichtet. Zur Tradition des Johanneums aber gehört das zukunftsorientierte Handeln, lernen die jungen Menschen doch für ihr Leben und ihre Zukunft:

NON SCOLAE, SED VITAE DISCIMUS

Insofern arbeiten alle daran, heute das Lernen zu ermöglichen und das Wissen zu vermitteln, das in der Zukunft fruchtbar werden kann.