Eindrücke von der EU-Wahldebatte

Die Wahldebatte hat nachträglich viel losgestoßen, der 12. Jahrgang war spürbar politisiert und diskutierte auch noch Tage danach die Eindrücke von unserer Wahldebatte. Diese Eindrücke wurden nun vom Leistungskurs Politik-Wirtschaft pointiert als Kommentar zusammengefasst.

Eindruck von Jakob Blankenburg (SPD)

Schon vor Beginn der Podiumsdiskussion fiel mir auf, wie angeregt und herzlich sich die Kandidaten unterhielten, als ob sie sich seit Jahren kennen würden. Dieses freundliche Miteinander war ein vielversprechender Auftakt für die Veranstaltung.

Im Zentrum meiner Aufmerksamkeit während der Diskussion stand Jakob Blankenburg, der die SPD vertrat. Blankenburg ist zwar kein Direktkandidat für das Europaparlament, aber er hat einen Sitz im Bundesrat, was ihm eine wichtige politische Rolle verleiht. Bereits bei der Eröffnung der Veranstaltung durch Stilla zeigte sich seine positive Einstellung. Stilla hob hervor, dass erstmals auch 16-Jährige wählen dürfen, und betonte: „Auch junge Leute dürfen wählen und das ist auch wichtig.“ Blankenburg lächelte zustimmend und nickte, offensichtlich erfreut, wieder hier am Johanneum zu sein, wo er schon einmal an einer Diskussion teilgenommen hatte.

Die erste Spielrunde der Diskussion begann mit einer Vorstellung der Parteien durch die Kandidaten. Jakob Blankenburg beschrieb die SPD mit dem Begriff „sozial“. Diese Wahl spiegelte seine Überzeugung wider, dass soziale Themen im Mittelpunkt seiner politischen Arbeit stehen – ein Thema, das während der Diskussion mehrfach aufgegriffen wurde.

Ein besonders unterhaltsamer Moment ereignete sich, als die Icebreaker-Fragen gestellt wurden. Die Kandidaten mussten mit einfachen „Ja“ oder „Nein“-Schildern antworten. Auf die Frage, wer mehr als eine europäische Fremdsprache spricht, hoben alle Kandidaten sofort das „Ja“-Schild – außer Blankenburg. Er gab zu, dass er keine weiteren Sprachen beherrscht, was das Publikum zum Lachen brachte und die Stimmung auflockerte.

Als es zu den ernsteren Fragen überging und die erste These vorgelesen wurde, zeigte Blankenburg eine andere Seite. Er machte sich ernsthaft Notizen und vertiefte sich in die Diskussion.

In einer weiteren Spielrunde sollten sich die Kandidaten einen Superhelden aussuchen, der zu ihrer Partei passt. Jakob Blankenburg entschied sich schnell und präsentierte das Bild der PawPatrol. Dazu erklärte er, dass jeder seine eigenen Stärken hat und man am besten Probleme lösen kann, wenn man zusammen arbeitet. PawPatrol löste zwar Belustigung im Publikum aus, spiegelt jedoch wirklich die sozialen Grundwerte der SPD wieder.

Auch nach der Diskussion versicherte Blankenburg uns, wie wichtig es ist, auch jüngeren Generationen Gehör zu schenken und sie in politische Prozesse einzubinden. Sein offener Umgang mit den Fragen und seine Bereitschaft zur Diskussion trugen zu einem lebhaften und konstruktiven Austausch bei.u

Eindruck von Lena Düpont (CDU)

Lena Düpont, Abgeordnete des Europaparlaments in Brüssel von der CDU für die EVP (Europäsische Volkspartei) war zu Gast bei unserer Podiumsdebatte am vorletzten Donnerstag (dem 30.Mai). Schon zu Beginn fiel sie mit ihren zum Teil provokanten Antworten auf: Nachdem Jakob Blankenburg auf die Frage, mit welchem Anfangsbuchstaben seiner Partei/ seines Namens er die eigene Position beschreiben würde, mit dem Wort „sozial“ antwortete, stichelte sie, dass sie es sich nicht so einfach mache, und die Position der CDU mit „christlich“ beschreibe. Stattdessen sei es in der Politik wichtig, voneinander und miteinander zu „lernen“ (wie Lena). Die Frage, ob sie bereit wären, sich die EU-Flagge zu tätowieren, beantwortete Lena Düpont als Einzige mit ja.

Auch wenn sie in einzelnen Themenbereichen fachlich kompetent wirkte und ihre Erfahrung im Europaparlament mehrfach offensichtlich wurde, fiel auf, dass die SchülerInnen bei ihren Redeanteilen häufig tuschelten und unruhig wurden. Das könnte daran liegen, dass Lena Düpont, im Gegensatz zu beispielsweise Blankenburg und Ulrich, sich nicht so klar und verständlich ausdrückte, wie es für das an SchülerInnen gerichtete Format angemessen gewesen wäre. Außerdem reagierte sie bei Redeanteilen ihrer MitstreiterInnen oft mit Augenverdrehen, Kopfschütteln oder gereizten Antworten, anstatt aufmerksam und respektvoll zuzuhören.

Eindruck von Dirk-Claas Ulrich (Grüne)

Das Bündnis 90/Die Grünen haben als ihren Vertreter den bereits als Europaparlaments-Abgeordneter tätigen Dirk-Claas Ulrich zu uns in die Debatte eingeladen.
Sowohl in seinen politischen Statements als auch in den Begrüßungsreden betonte er stets die Signifikanz des sozial-ökologischer Themen und appellierte an
alle Zuhörenden, ihre Stimme bei der EU-Wahl geltend zu machen. Die Frage nach seinem persönlichen Superhelden beantwortete er mit Luk Skywalker, er zitierte die Referenz: „Möge die Macht mit Dir sein.” Im Verlauf der Debatte äußerte er insbesondere bei der Frage nach erneuerbaren Energien als zukunftsfähigen Rohstoff große Zustimmung. Er betont, die EU solle langfristig in jene Umweltprojekte investieren und von Atom- sowie Kohlekraftwerken Abstand nehmen. Ebenso erinnerte er sowohl bei den Fragen nach Migration und Sicherheit im Hinblick auf Grenzkontrollen, welche von unablässiger Bedeutung für die Sicherheitspolitik sei, an die Vereinbarkeit mit den EU-Werten. Zwar sorge eine EUArmee für langfristige Sicherheit, gleichzeitig problematisiert er das Sponsoring des Rüstungskonzerns Rheinmetall vom BVB Dortmund. In dieser Hinsicht gelte es für die Grünen im EU-Parlament in der kommenden Legislaturperiode also, den
Frieden stärker zu schützen, allerdings sollten Bedrohungen durch Krieg nicht destigmatisiert werden.
Wir danken Dirk-Claas Ulrich für seine Teilnahme und das vielfältige Meinungsbild.

Eindruck von Marianne Esders (Die Linke) 

Menschenrechte. Dieses Wort verbindet Marianne Esders mit dem Anfangsbuchstaben ihres Vornamen. Sie sagt, diese seien in der aktuellen Linie der EU unterrepräsentiert und sollten viel stärker in den Fokus gerückt werden. Das zeigte sie auch in der Debatte um die Grenzkontrollen der EU, die sie, insbesondere in der aktuellen Version, als eine Missachtung eben jener versteht. Feminismus sei ihr auch sehr wichtig, was sie darin äußerte, dass sie Wonder Woman
aussuchte, um auf einen Mangel an Superheldinnen in der Auswahl aufmerksam zu machen. Das stieß im Publikum zum einen auf Jubel und zum anderen auf Schnauben, verbunden mit Augenrollen. Sie kritisierte, die AFD bringe nur provokative Argumente, um nicht inhaltlich auf Punkte einzugehen. Kurz zuvor hatte sie die Nachfrage eines Schülers um die Abwanderung von Unternehmen bei zu hohen Steuern als „AFD-Argument“ abgetan, blieb einer wirklichen sachlichen Erklärung danach aber schuldig. Sie ist außerdem für erneuerbare Energien, statt fossilen Brennstoffen, sowie für einen sog. „Social-Greendeal“, bei dem z.B. Arbeitnehmer in der Umstrukturierung von Unternehmen mitgenommen und Umweltschutz nicht auf Kosten von Sozialer Sicherheit und Arbeitsplätzen betrieben
werden soll. Sie war die einzige der fünf Vertreter*innen, die sich gegen eine Europäische Armee aussprach, denn sie ist der Meinung, man könne Frieden auch ohne eigene Waffen schaffen.

Eindruck von Frank Jäger (FDP)

In der Vorstellungsrunde bekannte sich der FDP-Kandidat als Politik-Neuling. Er habe 17 Jahre in Südfrankreich gelebt, wodurch er die EU besonders wertschätzen gelernt hat und ist erst vor drei Jahren nach Deutschland zurückkehrt. Anschließend ist er in die FDP eingetreten, um Europa selber mitzugestalten. Als Adjektiv um seine Partei zu beschreiben wählte er „frei“ und betonte, dass es für ihn vor allem „Selbstbestimmtheit, Diversität und Eigenverantwortung“ bedeute.

Bei der Frage, ob es ein kostenloses, europaweites Zugticket für Jugendliche geben sollte, zögerte der FDP-ler und wartete die Antworten der anderen Kandidaten ab, bis er sie anschließend, genau wie diese bejahte. Dies und die Aussage, dass nicht Deutschland, sondern Frankreich die EM gewinnen würde, sorgten für zahlreiche Lacher, aber auch Gemurmel aus dem Publikum.

Dem Statement, dass erneuerbare Energien weiter gefördert und ausgebaut werden sollten, stimmte Frank Jäger, wie auch die anderen Kandidaten, eindeutig zu und bekräftigte, dass auch seine Partei vorhat die Ziele des „Green-Deal“ so schnell wie möglich zu erreichen. Allerdings betonte er, dass man diese durch Bürokratieabbau, z.B. bei Genehmigungen, sowie Technologie-Offenheit und Zusammenarbeit mit Betroffenen erreichen möchte. Bei einer Nachfrage aus dem Publikum, fügte er außerdem hinzu, dass die Investitionen in den Energiesektor nicht nur von Staatsseite, sondern auch von privater Hand kommen sollen, wofür Anreize geschaffen werden müssten.

Beim Thema einer gemeinsamen europäischen Armee, forderte der FDP-Politiker mehr EU-weite Initiativtruppen und einen Kommissar für Verteidigung, welches er mit dem Ukraine-Krieg, sowie der Drohung Donald Trumps, dass die USA aus der NATO austreten werde, begründete. Der Publikumsfrage, ob denn eine gemeinsame Armee angesichts Russlands überhaupt nötig sei, stellte er entgegen, dass Putin vorhabe die ehemalige Soviet-Union wiederherzustellen und nach der Ukraine nicht stoppen werde.

Dem Statement, dass die Binnengrenzen aufgrund illegaler Migration wieder kontrolliert werden müssten, stand Frank Jäger jedoch entschlossen entgegen. Seiner Auffassung würden Grenzkontrollen schon an den Außengrenzen nichts nützen und man müsse eine andere Herangehensweise wählen, wie z.B ein Frachkräfteeinwanderungsgesetz. Dadurch würde man Fachkräften eine sichere Alternative zu Schleusern bieten und diese könnten bei ihrer Ankunft direkt hier arbeiten, wodurch insgesamt Druck von der irregulären Migration genommen werden soll.

Zu der Frage eines Schülers, wie man Rechtsextremismus bekämpfen könne, meinte Jäger, dass man sich fragen müsse, warum Menschen überhaupt rechtsextreme Parteien wählen und sprach sich klar dafür aus, dass man diesen mit guten Argumenten in Podiumsdiskussionen entgegentreten muss und nicht ausweichen solle.

Beim Abschluss wählte der FDP-Politiker die Schlagzeile „Wir sind die Vereinigten Staaten von Europa“, welche für ihn keineswegs für eine Gleichmachung der einzelnen Länder und deren Kultur, sondern für die gemeinsame Stärke durch die Vielfalt in Europa, stehe.

 

Bericht zur Wahldebatte:

Superhelden, EU-Armee und EU-Flagge auf dem Unterarm: Spannende EU-Wahldebatte vor dem 12. Jahrgang

 

 

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