Eigentlich war es ein verregneter Freitagvormittag – doch die Stimmung bei unseren 8. Klassen hätte besser kaum sein können. Gemeinsam machten sich alle Lerngruppen auf den Weg ins Theater Lüneburg, um das Schauspiel „Wegklatschen. Den Aufstand üben“ von Sergej Gößner zu erleben. Und schnell wurde klar: Dieser Theaterbesuch war alles andere als ein gewöhnlicher Ausflug.
Das Stück stellt große Fragen in den Raum: Wie weit darf Protest gehen? Was unterscheidet Widerstand von Gewalt? Und können radikale Taten jemals gerechtfertigt sein?
Sergej Gößner verbindet in seiner überarbeiteten Fassung des Stücks die Geschichten junger Menschen von heute mit literarischen Stimmen vergangener Jahrhunderte – darunter Figuren wie Kohlhaas, Johanna und Antigone. Sie alle stehen für den Kampf um Gerechtigkeit, für Mut, aber auch für die Ambivalenz radikaler Entscheidungen: Sind sie Held:innen oder Kriminelle? Widerstandskämpfer:innen oder Terrorist:innen?
Die jungen Protagonist:innen des Stücks sind frustriert von gesellschaftlichen Entwicklungen: wachsender sozialer Ungleichheit, einem zunehmenden Rechtsruck und einem immer menschenfeindlicher werdenden Diskurs. Sie wollen nicht mehr tatenlos zusehen – doch schnell wird klar, wie schwierig die Frage ist, wo legitimer Protest endet und gefährliche Radikalisierung beginnt.
Unsere Schüler*innen folgten dem intensiven Schauspiel hochkonzentriert. Trotz des anspruchsvollen Themas gelang es der Inszenierung, die Jugendlichen unmittelbar abzuholen. Im Anschluss bot sich ein besonderer Höhepunkt: Die Lerngruppen kamen ins Gespräch mit der Dramaturgin des Theaters sowie den drei Schauspieler:innen der Produktion. In einer offenen Runde sprachen sie nicht nur über die zentralen Themen des Stücks, sondern auch über den Beruf des Schauspielens, den Probenprozess und den Umgang mit politischen Stoffen auf der Bühne. Die Schüler:innen nutzten die Gelegenheit für viele spannende Fragen – und bekamen ebenso spannende Antworten.
Zurück in der Schule setzten sich die Klassen in angeregten Nachgesprächen weiter mit Formen von Protest, Theaterästhetik und Fragen der Gerechtigkeit auseinander. Die gesammelten Eindrücke werden nun auch ihren Weg in den Politikunterricht finden – denn viele Themen des Stücks knüpfen direkt an aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Fragestellungen an. Ein wertvoller Theaterbesuch, der nicht nur berührt hat, sondern vor allem eines ausgelöst hat: Nachdenken.




